Vom 10. bis 20. SeptemberEin Bericht von Pascale Vayer

Ein Tag, der alles veränderte

Der 1. Juni 2025 bleibt für mich unvergesslich. An diesem Tag wurden 52 Kinder aus Kropyvnytskyi, die ich 2022 vor dem Krieg evakuieren ließ, auf Regierungsbeschluss in die Ukraine zurückgebracht. Der Krieg tobt weiter, die Unsicherheit ist allgegenwärtig.

In jener Nacht fehlte mir die Kraft, sie zu verabschieden. Drei Jahre und zwei Monate habe ich mit ihnen gelebt, ihren Alltag geteilt, sie begleitet und unterstützt. Um 2 Uhr morgens sind sie ohne mich abgereist. Meine Tränen waren Ausdruck von Unverständnis und Schmerz. Warum mussten gerade diese Kinder zurück, während Millionen Ukrainer noch in Europa leben?

Die Entscheidung: Zurückkehren

Das Gefühl, mich nicht verabschiedet zu haben, ließ mich nicht los. Also beschloss ich, sie wiederzusehen. Gemeinsam mit meiner Tochter Iris, die sich schon intensiv mit dem Schicksal von Ukrainischen Flüchtlingen beschäftigt hat, reiste ich zurück: 24 Stunden Zug, ein Zwischenstopp in Kiew, dann weiter nach Kropyvnytskyi.

Dort steht das Rehabilitationszentrum für Kinder, früher ein Waisenhaus. Das imposante Gebäude, vor 50 Jahren in sowjetischer Zeit erbaut, liegt am Rand eines Naturparks und ist von einem Garten umgeben, der von einem heißen, trockenen Sommer ausgedörrt ist.

Der Empfang war herzlich und zugleich überwältigend. Den Direktor Petro Pastukh wiederzusehen, die Pflegerinnen, die die Kinder nach Österreich begleitet hatten, und vor allem 15 unserer Kinder, die noch im Zentrum sind. Die Emotionen waren groß. Die anderen 37 Kinder wurden in Pflegefamilien aufgenommen oder adoptiert.

Unsere Kinder

Das Rehabilitationszentrum für Kinder in Kropyvnytskiy

Ein Zentrum für das Leben – trotz des Krieges

Das Zentrum ist hell und einladend. Vier Treppenhäuser, jedes mit einem Buntglasfenster, das eine Jahreszeit darstellt, führen zu den Therapieräumen: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie, Dufttherapie, Hydrotherapie und ein sensorischer Raum. Alles ist darauf ausgerichtet, den Bedürfnissen von Kindern mit körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen gerecht zu werden.

Das Personal ist kompetent und fürsorglich, es kümmert sich mit bewundernswerter Geduld um die Kinder. Das Zentrum nimmt nicht nur Kinder ohne elterliche Unterstützung auf, sondern auch Kinder aus der Region, die therapeutische Begleitung benötigen.

Eine Realität, die das Herz gefrieren lässt

Wäre der Frieden zurückgekehrt, wäre ich mit leichtem Herzen heimgekehrt. Doch das ist nicht der Fall. Diese zehn Tage in der Ukraine haben mich mit einer brutalen Realität konfrontiert: Der Krieg schreit weiter. Jede Nacht, in Kiew wie in Kropyvnytskyi, heulten die Sirenen und warnten vor drohender Gefahr.

In meiner letzten Nacht in Kiew schlugen Raketen und Drohnen in der Stadt ein. Für jemanden, der in Frieden lebt, war diese Erfahrung zutiefst erschütternd.

Was ich empfinde, ist tiefer Respekt für die Resilienz und den Mut des ukrainischen Volkes. Nein, keiner von uns, der in einem friedlichen Europa lebt, kann wirklich nachvollziehen, was die Menschen in der Ukraine seit 2014 – und besonders seit dem 24. Februar 2022 – durchmachen.

Sie haben gelernt, mit dem Tod als täglichem Begleiter zu leben. Sie machen keine Pläne mehr für die Zukunft, sondern sind dankbar für jeden gelebten Tag – ohne an morgen zu denken. Und dennoch arbeiten sie weiter, um ihr Land am Leben zu erhalten, oder kämpfen für ihre Freiheit, unsere Freiheit – die Freiheit Europas.

Und die Kinder?

Sie zahlen den höchsten Preis: Angst, Verlust, unsichtbare Wunden. Wahrscheinliche Traumatisierung für ihr ganzes Leben. Kein Kind sollte Raketenlärm kennen oder im Schutzraum schlafen müssen. Sie zu schützen ist unsere Pflicht.

Der Schutzraum des Rehabilitationszentrums >

Gemeinsam müssen wir verhindern, dass Kinder weiter unter dem Krieg leiden.